Experience Is our only Teacher



                                                                   Bild: Pixabay-License

In seinen Collected Papers schreibt C.S.Peirce sinngemäss: Erfahrung ist unsere alleinige Quelle der Erkenntnis. Experience is our only teacher. (Pragmatism and Pragmaticism, 5.50). Dabei hat die Aussage zwei Aspekte: Zum einen gewinnen wir Wissen nur aus der Erfahrung, zum anderen überprüfen wir, was wir zu wissen glauben, an Erfahrenem. Erkenntnisse entstehen durch unser Erleben der Welt. Die Begriffssysteme, mit denen wir unsere Erfahrung ordnen, haben keinen logischen Grund, sondern einen physischen. Unsere Vorstellungen sind nicht wahr, weil sie logisch kohärent sind, sondern weil sie sich in der erlebten Welt bewähren. Diese Einsicht kann auch für die Bildung von Bedeutung sein: Denn in einer Optik, wie sie Peirce anreisst, zeichnet sich Lernen durch folgende Aspekte aus:

a) Es ist ein Prozess des Erlebens (und nicht eine Bestandesaufnahme von Informationen).
b) Es bemisst sich an der Wirksamkeit des Erlernten (und nicht an formalen Konventionen).
c) Es ist ein Vorgang, in dem physische, emotionale und kognitive Aspekte verwoben sind.

Führen wir uns diese Zusammenhänge an einem Beispiel vor Augen. Schlüpfen wir einen Augenblick in die Haut eines jungen Fussballers, der zum Elfmeterpunkt schreitet. (Ich denke dabei an meinen Sohn, als er im Bubenalter war - aber es könnte selbstverständlich auch eine Fussballerin sein).Woran mag er denken? Dass es das erste wichtige Turnier und das erste Viertelfinale in seinem Leben ist? Dass er noch nie einen Penalty getreten hat? Dass er doch besser seine Chancen während des Spiels verwertet hätte? Dass der Torhüter der anderen Mannschaft angeblich immer in dieselbe Ecke springt? An die Hinweise des Trainers, wie er den Ball treten soll? An gar nichts mehr? Egal, woran er auch denken mag, ich bin mir sicher, dass er ein dumpfes Gefühl im Bauch hat. Eine Anspannung, die sein Herz höher schlagen lässt und dann auch im Kopf zu pulsieren beginnt: Und wenn ich's nicht schaffe?

Diese Angst, es nicht zu schaffen, kennen wir alle. Sie begleitet uns täglich, an den kleinen und grossen Wendepunkten im Leben, in jeder Situation, die wir nicht kennen und noch nie gemeistert haben. Vor jeder Entscheidung, bei der wir uns nicht auf bereits Erlebtes und auf gesichertes Wissen abstützen können. Lernen hat damit zu tun, dass wir uns dieser Angst stellen und sie immer wieder überwinden.

Der Junge setzt den Ball, nimmt Anlauf und schiesst. Sein Blick verfolgt den Ball, der im Netz landet - Tor! Und die Welt des Jungen ist nicht mehr dieselbe. Zu dieser Welt gehört jetzt auch die Erfahrung des Penalty-Schiessens, der körperlichen Koordination, des Mutes, der Selbstkontrolle, die es dafür braucht. Auch wenn es äusserlich nicht scheint: Der Junge hat sich verändert. Er weiss jetzt, dass er es auch schaffen kann.

Selbst-Wirksamkeit ist das magische Wort, so heisst diese Erfahrung des Auch-ich-kann-es-Schaffens. Lernen hat damit zu tun, dass wir uns auf die kleinen und grossen Wagnisse im Leben einlassen und unsere Möglichkeiten und Grenzen ausloten. Jedes Tor, dass wir dabei schiessen, wird eine Lernerfahrung sein, die uns stärkt.

Unser Leben ist derzeit durch die Corona-Pandemie geprägt. Wir können noch nicht in vollem Umfang abschätzen, wie die Auswirkungen für die Wirtschaft sein werden. Zu hoffen ist, dass der Lehrstellen-Markt möglichst unbetroffen bleibt. Es wäre traurig und verheerend, wenn ausgerechnet junge Menschen, die den Übertritt von der Schule in die Arbeitswelt tun und an einem Wendepunkt in ihrem Leben stehen, an der Erfahrung ihrer Selbst-Wirksamkeit gehindert würden.




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